Der Frontzahn wird gezogen – Teil 2
Teil 2

Mein persönlicher Mama-Alptraum sollte nicht zu Ende sein!

Mit dieser Aussage beendete ich meinen letzten Beitrag mit dem Titel „Mama-Alptraum – Mein Kind verliert bei einem Sturz seinen Schneidezahn“. Vielleicht habt ihr diesen Beitrag ja gelesen, und seid nun ganz gespannt.

Tatsächlich ging mein persönlicher Alptraum weiter.

Ich verbrachte zahlreiche schlaflose Nächte, und auch tagsüber ging es mir nicht sonderlich gut. Silas hingegen, dem nun ein Schneidezahn fehlte, ging es bestens. Dieser tapfere kleine Kerl hatte auch keine Angst erneut auf sein geliebtes Laufrad zu steigen, um eine kleine Runde auf unserem Hof zu fahren. Natürlich war ich darüber erleichtert, aber mir selbst fiel es so unglaublich schwer dieses dunkle Kaptitel einfach abzuschließen. Wer weiß, vielleicht wusste mein Unterbewusstsein zu dieser Zeit schon, dass dieses Kapitel noch nicht beendet sein sollte.

Ein Zahnarzttermin sollte dem nächsten folgen!

Wenige Tage später ging ich mit Silas zu unserem Familienzahnarzt zur Nachkontrolle. Die Diagnose war kurz und knackig, so wie der Termin selbst. Ein Schneidezahn war nicht mehr vorhanden und das Zahnfleisch immer noch in Folge des Unfalls verletzt.

Am nächsten Morgen schaute ich erneut in Silas Mund. Das tat ich täglich. Schließlich wollte ich wissen, wie es da drinnen in Silas Mund ausschaute. Hatte sich das Zahnfleisch inzwischen erholt? Inzwischen waren Silas und ich ein eingespieltes Team, so dass ich seine Oberlippe etwas nach oben ziehen konnte, um so besser schauen zu können. So zumindest hatte der Zahnarzt nicht nachgeschaut. Ich war total irritiert, denn das sah ganz und gar nicht gut bzw. normal aus. Ich nahm sofort mein iPhone zur Hand und schickte ein Foto zur Agnes, der Zahnärztin. Ihr wisst ja noch oder?

Auf dem Foto konnte man gut den Nachbarzahn sehen. Oberhalb dieses Zahns sah man statt Zahnfleisch etwas weißes. Agnes meinte, es könnte eine Entzündung sein. Mit meinem iPhone in der Hand suchte ich diverse Antworten bei Dr. Google. So ganz konnte mir Dr. Google zwar nicht helfen, aber er ließ mich still und leise an einer Unterhaltung zweier Mamas teilhaben. Diese Unterhaltung brachte mir die Erkenntnis, dass ich von nun an Savannah und Silas in die Hände eines Kinderzahnarztes geben möchte.

Im nächsten Schritten recherchierte ich nach einem Kinderzahnarzt in unserer Nähe und bekam dort, nach Schilderung des Unfalls, ganz schnell einen Kontrolltermin für Silas.

Beim Kinderzahnarzt – die Kontrolltermine!

Es folgten drei Kontrolltermine beim Kinderzahnarzt.

Beim ersten Kontrolltermin teilte mir die Kinderzahnärztin mit, dass das Zahnfleisch entzündet sei. Das sähe nicht gut aus. Könnte chronisch werden, und damit die Anlagen der bleibenden Zähne gefährden. Der zweite Schneidezahn, der zudem auch wackelig ist, müsste daher gezogen werden. In mir zog sich alles zusammen! Das konnte ich nicht akzeptieren. Nicht noch ein Zahn weniger. Mein armes Kind!

Meinem Wunsch entsprechend hatten wir 14 Tage später einen weiteren Kontrolltermin. Meine Hoffnung war, dass sich innerhalb dieses Zeitraums das Zahnfleisch erholen würde. Nach diesem Zahnarzttermin verließ ich wie beflügelt und überglücklich die Zahnarztpraxis, denn bei dieser Kontrolle konnte man den Grund für das entzündete Zahnfleisch feststellen. Als Silas gestürzt war, brach nicht der komplette Schneidezahn aus dem Kiefer, sondern ein kleines Stück Zahn hatte sich in das Zahnfleisch des Nachbarzahns gebohrt. Das war auch der Grund der Entzündung und warum das Zahnfleisch nicht abheilen konnte.

Hurra, es gab nun doch keinen OP-Termin für Silas. Es sollte aber natürlich eine weitere Nachkontrolle folgen.

Wenn man sagt, alle guten Dinge sind drei, und dann ist am Ende gar nichts gut, ist man einfach nur noch traurig. Man versteht die Welt nicht mehr! Termin Nummer 3 konfrontierte mich erneut mit einer OP. Der Frontzahn muss gezogen werden. Dieser Zahn sei immer noch wackelig und das Zahnfleisch unverändert entzündet.

Wie gelähmt nahm ich die Narkose-Unterlagen zu Händen und marschierte mit Silas den Tränen nahe aus der Zahnarztpraxis.

Der Frontzahn wird gezogen!

Das war doch eigentlich klar oder? Dieser Beitragstitel und das passende Beitragsbild, welches Silas mit den Narkose-Unterlagen in Händen zeigt, konfrontiert einen direkt mit den Fakten.

Zwei Tage nach dem Kontrolltermin hatte Silas dann seine Zahn-OP unter Vollnarkose. Um 08:00 Uhr sollten wir in der Praxis sein und Silas vor allen Dingen nüchtern. Die Uhrzeit war perfekt. Dennoch hatte ich etwas Sorge, dass Silas an diesem Morgen nicht so lange schlafen, und dann Hunger oder Durst haben, würde. Letztlich musste ich Silas sogar wecken. Was ein Glück!

Am Ende wird alles gut!

All meine Sorgen und Ängste waren völlig unbegründet bzw. lösten sich in Luft auf.

Gegen 09:00 Uhr verließ ich mit Silas an jenem Tag bereits wieder die Zahnarztpraxis. Silas fehlte nun ein weiterer Frontzahn und er hatte eine mega große Lücke. Die Zahn-OP selbst hätte jedoch nicht besser verlaufen können. Silas hatte die Vollnarkose super vertragen, wie auch den Eingriff selbst. Er hatte keinerlei Schmerzen. Weder zu Anfang noch später an diesem Tag.

Dabei hatte er sogar einen Kieferbruch, wie man mir nach der OP mitteilte. An einer Stelle war der Kiefer gebrochen, was aber von alleine verheilen würde.

Es war also richtig und wichtig, dass der Frontzahn nun raus war. Die Diagnose „Kieferbruch“ löste mich endlich aus der Stockstarre. Ich konnte nun das Geschehene auf einer gewissen Art und Weise akzeptieren.

Silas fehlen nun zwei Frontzähne!

Milchzähne wohlbemerkt! Er trägt keinen Platzhalter oder ähnliches und inzwischen haben wir uns alle an die große Lücke gewöhnt. Silas selbst isst auch einen Apfel ohne Probleme und was noch schöner ist, er hat keine Probleme mit der Aussprache. Insbesondere bei den S-Lauten.

Sogar unseren Familiennamen „Moutevelidis“ spricht Silas gekonnt aus. Für seine Schwester Savannah ist unser Familienname ein kleiner Zungenbrecher, bei dem Silas sich genötigt fühlt, seine Schwester zu korrigieren. Das ist schon süß, und ich bin ehrlich gesagt froh und dankbar, dass diese „Geschichte“ ein gutes Ende nahm.

Eure

 

 

Mama-Alptraum – Mein Kind verliert bei einem Sturz seinen Schneidezahn
Teil 1

An einem schönen Sommertag im Mai spielen meine Zwillinge im Garten. Wir haben Besuch von zwei weiteren Zwillingsmamas mit ihren Kindern. Die Stimmung ist entspannt und die Kinder sind fröhlich. Zwei Kinder schaukeln und Silas will auch so gerne schaukeln. Ich stehe mit dem Rücken zu ihm an der Schaukel und bekomme gerade noch mit, wie er im Rennen stürzt. Er hält einen runden Pfannenwender aus Metal in seiner Hand. Dieser stammt aus der Spielzeugküche. Silas fällt unglücklich. Er stößt vor dem Pfosten der Schaukel und rammt sich den Pfannenwender in die Unterlippe und dann weiter in den Mund.

Lautes Schreien und überall Blut!

Silas schreit, weint und ich sehe überall Blut. Ich habe noch nie in meinem Leben so viel Blut auf einmal gesehen. Mein Kind hört gar nicht auf zu bluten. Wie hypnotisiert versorge ich Silas. Versuche die Blutung zu stillen. Silas weint und weint. Es ist ein Weinen, welches sich ganz tief und schmerzhaft in mein Herz bohrt.

Ich bleibe ruhig und rede Silas gut zu. Ich tränke ein weißes Handtuch in Wasser und versuche so das Blut aufzunehmen. Savannah kniet neben mir und bekommt alles mit.

Als sich die erste Schockstarre löst und die Blutung weniger geworden ist, schaue ich in den Mund. Neben mir steht Agnes. Sie ist Zahnärztin. Das Lippenbändchen ist gerissen und eine Ecke des vorderen Schneidezahns fehlt. Es sieht so aus, als wäre der Milchzahn ein wenig nach hinten gedrückt. Er wackelt! Das Zahnfleisch der oberen Schneidezähne sind nicht gut aus. Es ist eine große Wunde! In seiner Unterlippe hat Silas auch einen großen Riss.

Ich tröste mein Kind. Vor Erschöpfung fallen Silas die Augen zu. Sein kleiner Körper beruhigt sich etwas. Die Stimmung hat sich augenblicklich gekippt. Es herrscht Aufbruchstimmung und Agnes rät mir dazu am nächsten Tag den zahnärztlichen Notdienst aufzusuchen.

Keine zwei Stunden später sitzt Silas am Esstisch und hat Hunger. Er möchte auch Frikadellen essen wie seine Schwester Savannah. Ich zeige Silas wie er sich die klein geschnittenen Stücke zu den Backenzähnen schieben kann. Erkläre ihm, dass sein Schneidezahn u. a. wackelig ist. Daher muss er die nächsten Tage das Essen so kauen. Silas nickt, und schiebt sich das Stück Frikadelle zu den hinteren Zähnen. Er isst ganz zwei Frikadellen und ich bin so unglaublich stolz auf meinen tapferen kleinen Kerl.

Vorm Schlafengehen bekommt Silas vorsorglich Schmerzsaft. Er schläft ganz ruhig, während seine Schwester Savannah immer wieder im Schlaf weint.

Der Zahnarztbesuch!

Feiertag in NRW. Wir suchen den zahnärztlichen Notdienst auf. Die Praxis platzt aus allen Nähten. Die behandelnde Zahnärztin schaut sich Silas daher im Wartezimmer an. Sie erklärt uns Eltern, dass die große Wunde erst einmal abheilen muss. Behandlungsbedarf bestehe zur Zeit nicht. Man sollte die nächsten Tage erst einmal auf harte Speisen verzichten und falls Silas Schmerzen habe ihm Schmerzsaft geben.

Am nächsten Tag!

Ich hab mein Kind zurück!

Silas isst mit Herzenslust. Gekonnt schiebt er sich das Essen zu den hinteren Zähnen. Dabei ist er fit und fröhlich. Man könnte meinen, das Passierte hätte sich gar nicht zugetragen. Selbst die Schwellung ist enorm zurück gegangen und äußerlich betrachtet sieht Silas wie mein Silas eben aus.

Mit einer anderen Mama und ihrer Tochter sind wir spontan zum Spazieren gehen in einem Park verabredet. Sie schlägt vor, die Laufräder mitzunehmen. Ist mein Gehirn ausgeschaltet? Ich sage „ja“ und schon sind die Laufräder im Kofferraum. Ganz kurz flammt ein mulmiges, mich warnendes Signal, auf. Ich ignoriere es in dem Moment als Silas Quatsch macht.

Wie gelähmt – Silas stürzt mit seinem Laufrad!

Kinder hören nicht immer auf uns Eltern!

In diesem Moment hätte ich mir gewünscht, dass Silas auf mich hört. Wir befinden uns noch auf dem Parkplatz. Ich bin hier fremd und alles ist für mich neu. Rundherum stehen Autos. So auch unten. Hier führt ein steiler Weg hinab. Wir Mamas fordern unsere Kinder dazu auf zu bremsen. Savannah und Greta bleiben stehen, während Silas auf seinem Laufrad immer schneller wird. Er rollt hinab.

Ich schreie und schreie. Bin dabei wie gelähmt. Warum renne ich nicht hinter ihm her? Jetzt bewege ich mich und renne so schnell wie ich kann. Silas verliert beim Versuch zu bremsen das Gleichgewicht und damit die Kontrolle über sein Laufrad. Er stürzt! Ich kann diesen Sturz nicht mehr aufhalten.

Wieder halte ich mein Kind blutüberströmt und weinend in den Armen. Ich versorge seine Wunde und registrierte sofort, dass der wackelige Schneidezahn den Sturz nicht überlebt hat.

Der Schneidezahn ist aus dem Kiefer ausgeschlagen

Meine Mama-Freundin sucht nach dem Schneidezahn und wickelt ihn in ein Taschentuch. Sodann ruft sie bei ihrem Zahnarzt an und schilderte den Unfall. Beim Zahnarzt angekommen kümmert sich Sandra um die beiden Mädchen. Sie bleiben im Auto und picknicken dort.

Als die behandelnde Zahnärztin in das Behandlungszimmer kommt, stehe ich der Zwillingsmama Agnes gegenüber. Zufälle gibts! Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich gar nicht, in welcher Zahnarztpraxis Agnes als Zahnärztin arbeitet.

Kurz und knapp – der Schneidezahn ist raus!

So die Diagnose!

Einen ausgeschlagenen Milchzahn setzt man auch nicht wieder ein, erklärte mir Agnes. Man müsse jetzt abwarten, dass die große Wunde verheilt. Evtl. würde sich die Aussprache bei Silas etwas verändern – insbesondere bei den S-Lauten. Das passiere aber eher wenn zwei Frontzähne fehlen.

Die Heimfahrt und mein schlechtes Gewissen!

Ich fühlte mich hundeelend.

Auf der Heimfahrt fällt es mir schwer die Tränen zurückzuhalten. Ich versuche dennoch ruhig zu bleiben. Mein Körper ist gefesselt in Trauer und Schmerz. So habe ich mich noch nie in meinem Leben gefühlt. Die Heimfahrt kommt mir unendlich lang und einsam vor.

Zu Hause angekommen macht mir mein Mann Vorwürfe. Wie konnte ich nur die Laufräder mitnehmen!

Ich befinde mich jedoch in einer Blase. In dieser klingen seine Worte so fern.

Später registriere ich, dass Silas fröhlich auf dem Sofa umherhüpft. Er hat keinerlei Schmerzen. Mein Mann nimmt mich daraufhin in die Arme. Er ist nun der festen Überzeugung, dass Silas Schneidezahn lockerer war als angenommen, und er ihn früher oder später eh verloren hätte.

Wir haben großes Glück gehabt!

Es hätte viel mehr passieren können!

Das stimmt vollkommen! Silas hat nur eine ganz leichte Schramme unter dem Kinn und am Handgelenk. Dennoch komme ich nicht raus aus meiner Blase. Ich denke nur an den fehlenden Zahn – dem Milchzahn. Sehe mein Kind immer wieder in meinen Gedankengängen stürzen und bluten. So viel Blut. Ich weiß nicht, ob ich gerade unter Schock stehe. Es geht mir richtig schlecht.

Die nächsten Tage verbringe ich fast schlaflos!

Ich bekomme diese Bilder nicht aus meinem Kopf! Immer wieder weine ich. Mache mir große Vorwürfe.

Einige Tage später falte ich die saubere Wäsche zusammen. Ich halte inne, als es Silas Kleidung ist, die er bei beiden Zahnunfällen getragen hat. Die Kleidung ist vollkommen sauber.  Kein Blut mehr! So als wäre nichts passiert. Wenn alles im Leben immer so einfach wäre!

In diesem Moment wünsche ich mir so sehr, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Dann wäre all das NICHT PASSIERT!

Doch mein persönlicher Mama-Alptraum sollte noch nicht vorbei sein…

Teil 1